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Aetna Reit-Trail - Sizilien 5. - 13. Februar 2011 Aktualisiert
16.02.2011
Warum Sizilien im Februar - Tu non capisci un cazzo!
Warum Sizilien im Februar? Einfach weil es Leute gibt,
die man unbedingt wiedersehen und Landschaften, die man kennenlernen muss
und ja, - auch weil auch man ja keine Ahnung hat, wie saukalt es im Februar
sein könnte. (Non capisco...)
Es blieb beim Konjunktiv,- nachdem es vor unserer
Ankunft eine Woche lang geschneit und geregnet hatte, erwartet uns die Insel
zumindest tagsüber mit mit frühlingshaften Temperaturen.
Von Palermo fährt uns ein freundlicher, aber wortloser
junger Mann nach Cefalù, dem Ausgangspunkt unseres 7tages Reit-Trails. Dort
erwartet uns Giuseppe. Dieser freundliche, charmante auf den ersten Blick
leicht chaotisch wirkende Herr in den besten Jahren, stellte sich als
Organisator der Tour und Radiologe heraus, eine graue Eminenz, die nicht nur
in Cefalù viel Ansehen geniesst, - die Leute sprechen nur von "il Dottore"
oder etwas schalkhaft sogar von "Il Presidente"
Abendessen gäbe es um 20 Uhr, bis dahin konnten
wir die Zeit zu einem kleinen Ortsbummel nutzen. Eine wirklich gute
Idee in dieser pittoresken kleinen Stadt, - hätte uns da der Hunger
nicht schon um sieben in eine Kneipe getrieben, in der wir ein paar
kleine Antipasti zu uns nehmen wollten.
Non capisce No. 1: Kleine Portionen gibt es nicht, und
das Argument "kein Hunger" dann beim Abendessen hält keinen Italiener davon
ab, weiterhin grosszügig aufzutischen. Dementsprechend üppig fiel das
Nachtessen aus, - nicht ohne den Hinweis von Giuseppe, dass wir dann ab
morgen dann so richtig viel essen werden......
Seepferdchen?
Am nächsten Morgen, unweit von Cefalù, bei Pollina im
Gebiet des Parco delle Madonie - die Pferde warten bereits gesattelt auf uns
und blinzeln noch etwas müde in die Morgensonne. Die Zuteilung ist schnell
gemacht und wechselt während der Tour auch immer mal wieder, - neben einem
äusserst braven Verlasspferdchen für mich, bekommt Peter ein junge Stute und
Ulrike einen hübschen Braunen, der ein grosses Sprinterherz unter einem
eigenwilligen Stummelschweifchen trägt. Il Dottore begleitet uns auf seiner
schönen Araberstute und (Grande) Luciano unser Guide auf seinem prächtigen
dunklen Wallach Santana. Die erste Herausforderung, stellt eine
Flussüberquerung dar, - wie viel Wasser wird es wohl haben, werden sich
unsere Pferde als wasserscheu herausstellen? Am Fluss angekommen, erst mal
Erleichterung, der Wasserstand ist trotz der vielen Niederschläge einfach zu
bewältigen und unsere Vierbeiner erweisen sich als Seepferdchen, die nicht
nur willig in den Fluss springen sondern zum Teil sogar versuchen sich darin
zu wälzen. Wir überqueren viele Weiden mit freilaufenden Pferden und Kühen
und kommen dabei in recht abgelegene Gegenden, - der Versuch einen Bauern
auf einem der kleinen Höfe als Fotograf zu engagieren scheitert daran, dass
dieser offensichtlich noch nie eine Kamera in den Händen hielt, - trotzdem
will er natürlich die wackligen Schnappschüsse die er gemacht hat sehen.
Unser erster Abend auf einem kleinen Bauernhof, schöne
grosse Zimmer, ein wuchtiger Kamin der die üble Kälte des Abends vertreibt
und sizilianische Gastfreundlichkeit, die dann bis um Mitternacht, einen
Gang nach dem anderen auffährt. Traditionelle Sizilianische Küche nach alten
Rezepten, Käse, Salamis, Fisch, Teigwaren und Kartoffelküchlein, Gemüse in
allen Variationen, frittiert, gebraten, gestampft, aber nie ganz fettfrei,
alles einfach köstlich und mit viel Rotwein geht dann doch mehr hinein, als
wir für diesen Abend gebraucht hätten.
6.2.2011 Distanz: rund 20 km, ca. 5 Stunden
unterwegs Übernachtung in Tusa
Wo man Brot bäckt, da lass dich nieder…böse Menschen
kennen gar kein Mehl..
Der nächste Morgen führt uns über Hochebenen und eine
Landschaft die manchmal ein bisschen an Irland erinnert, über Weiden und
durch kleine Dörfchen. Wir erklimmen einen fantastische Berggrat mit
herrlicher Rundumsicht. Ankunft in Mistretta, wo die Pferde übernachten. Das
Agritourismo Hotel "La Collina del Nibbio" liegt im Nationalpark Nebrodi und
jedes Zimmer ist ein eigenes kleines Häuschen auf einer schönen Anlage auf
der selbst Brot gebacken oder getöpfert wird und von wo aus man die Gegend
auch mit einem Ultraleichtflugzeug erkunden könnte. Unser Gastgeber, Carmelo,
herzlich und freundlich, der Abend kurzweilig und lustig, - kleine
Sprachbarrieren (heute ist Il Dottore nicht da) überwinden wir rasch. Das
Ritual viel Essen, viel Trinken, viel Lachen bleibt das gleiche, als wir
endlich aufbrechen, liegt der Wirt schon lange auf einem Bänkchen und
schnarcht.
7.2.2011 Distanz: 25 km / rund 1000 HM / ca. 6
Std inkl Mittag, Übernachtung in Reite (bei Mistretta)
Grande Santana
Statt in die Lüfte geht's für uns am nächsten Tag mit
dicken Kopf mit den Pferden weiter. Bevor wir aufbrechen können, müssen noch
die Wagen umplatziert werden. Um dafür keine Zeit zu verschwenden, führt
Luciano seinen braven Wallach vom Auto aus, - der trabt brav neben seinem
Herrn her, - Grande Santana! Heute machen wir so richtig Höhenmeter, einige
Male kommen wir auf Schnee und auch unsere brave "Katarina", das
Begleitfahrzeug, dass normalerweise unsichtbar bleibt, bleibt auf einer
eisigen Strecke liegen und braucht unsere Hilfe um den schmalen und
rutschigen Waldpfad zu meistern. Doch an den sonnigen Stellen, laden die
Waldwege zu längeren Galoppaden ein, - dabei werden regelrechte Rennen
ausgetragen, - Vollgas um die Kurve, Ulrike schneidet Emanuele den Weg ab,
nur der Dottore muss mitten im Galopp einen Vollstopp machen....das Handy
klingelt, - Mama ist dran.... Auch meinem kleinen heissen Wüstenwind (Schirrocco)
geht die Puste aus, - wir bleiben auf den hinteren Rängen. Ulrike und ihr
Mario setzen mit 37.8 km/h bisherige Höchstgeschwindigkeit.
Wir sehen
zum ersten Mal in der Ferne "Il Gigante Buono", den weissverzuckerten
Aetna, der uns aus der Ferne anstrahlt und fröhlich vor sich hinraucht. Der Nationalpark
zieht sich, - aus den erwarteten 40 km werden 53 km, - es wird dunkel und
wir sind froh, als wir das wir nach rund 9 Stunden im Sattel unser Hotel
erreichen, wo erneut ein üppiges Mal auf uns wartet. Wohl dem, der so eine
gesangsstarke und belastbare Kollegin wie wir dabei hat, die uns mit über
die letzten 15 km einfach rübersingt. Fazit: So ein Steiss kann ganz schön
schmerzen und ein klingendes Handy kann ein Sizilianer noch schwerer als
einer Blondinen widerstehen….
8.2.2011 Distanz: 53 km / 8.40 Stunden im
Sattel, Höchstgeschwindigkeit 37.8 km und rund 1000 Höhenmeter
Übernachtung im Rifugio di Parco, Muto (Pferde bei Portella Femina
Morta, Miraglia 1524m)
Blutige Ohren und Reitkappenpflicht
Der nächste Morgen hält eine unangenehme Überraschung
parat, Peters junge Stute "Nuvola" (die Wolke) hat sich in der Nacht in
einer Drahtschlinge verfangen und beim Versuch sich zu befreien leicht auf
der Sattellage verletzt. Glücklicherweise hat sie sich offensichtlich
schnell in ihr Schicksal geschickt, und blieb ruhig stehen, so dass ihr
gefangener Fuss keine Verletzungen zeigte. Also Neuverteilung der Pferde,
unsere kleine Stute geht als Handpferd beim Guide, Emanuele. Peter bekommt
den prächtigen Wallach "Grande Santana". Die nächsten Rennen bleiben wegen
des Handpferds zwar noch hart umkämpft, aber der Geschwindigkeitsrekord
lässt sich nicht mehr brechen. Freihängende und tiefe Äste sind dabei ganz
besonders zu beachten, die Reitkappe erweist sich als ganz nützlich, nur
Peter, der Reitkappenmuffel, hat nicht schnell genug die Ohren angelegt, -
und erhält als Auszeichnung eine blutige Auszeichnung. Auch einige Eis- und
Schneeflächen sind zu überqueren und bereiten vor allem Ulrike ein
Adrenalinschübchen, als sie nach einem Überholmanöver im vollen Galopp eine
Vollbremsung auf einer Eisfläche s machen muss. Ihr braver (Super-) Mario
schlittert aber gekonnte, als wäre er schon seit seinen Jugendtagen als
Schlittschuhkönigin unterwegs. Wir freuen uns auf ein gutes Abendessen, hier
sollen wir unseren neuen weiteren Guide, ein deutscher Vulkanologe der uns
vor allem in den Wegen rund um den Aetna führen soll mit seiner Partnerin.
Der Abschied von einem der beiden einheimischen Guides, Emanuele fällt uns
sehr schwer, - nicht nur dass er humorvoll, äusserst hilfsbereit und
aufmerksam ist, - er ist auch wirklich ein Bild von einem jungen Mann. Es
braucht viel Wein, Limoncello und Gesang, bis wir uns von ihm verabschiedet
haben.
9.2.2011 Distanz: 37 km / 7 Stunden im Sattel
ca 6oo Höhenmeter, und Limoncello bis 2 Uhr nachts... Übernachtung
in Floresta in einem B&B
Mach mir mal den Hengst ..
Oh, nun sitzt die Reitkappe definitiv eng auf dem
verkaterten Kopf. Ab heute durfte Peter die schöne Stute "Zaira" des Dottore
reiten. Schon nach wenigen Kilometer kommt es zu einer schnellen
Ausnüchterung, - ein freilaufender Hengst findet an uns Interesse und kommt
auf die Gruppe zu galoppiert. Wir hatten schon vorher einige Bekanntschaften
mit freilaufenden Pferden, die sich aber jeweils schnell vertreiben liessen,
- dieser hier will aber definitiv mehr von uns wissen und baut sich mächtig
vor uns auf. Unsere Pferde bleiben erneut erstaunlich gelassen, - die beiden
Guides kämpfen aber schon etwas mit dem aufdringlichen Kerl und müssen ihn
am Schluss mit ein paar gezielten Steinwürfen verjagen. Dabei spielen wir
die Mädchennummer, Jungs macht das mal mit dem Hengst....
Der Weg führt uns erneut auf einen schönen Berggrat,
der leider zur Winderzeugung mit riesigen Windrädern überzogen ist. Der Lärm
und Schattenwurf den diese Dinger machen ist schon furchterregend und
unheimlich, - wieder staunen wir über unsere gelassenen Tiere. Nach Rocella
gibt es ein schönes Picknick im Park. Auf dem Weiterweg begegnen wir einer
grossen Ziegenherde die wir eine ganze Zeit vor uns hertreiben, bevor wir
unser neues Ziel erreichen. Entgegen dem ursprünglichen Programm werden wir
hier zwei Tage verbringen, - da wir wegen des Schnees nicht ganz so weit auf
den Aetna können wie ursprünglich geplant. Wir beziehen eine kleines
Häuschen direkt bei den Pferden, am Abend ein schöner Ausflug nach Taormina,
mit Altstadtbummel zur Abwechslung mal "nur" eine Pizza. Die Stimmung ist
nicht mehr ganz so gut, unsere deutschen Neuzugänger gehen uns auf die
Nerven.
10.2.2011 Distanz: 37 km / ca 6.5 Std im
Sattel 900 Hm runter, Übernachtung in Castiglione
Wir lernen auf hohem Niveau Italienisch….
Sag wer kann die Lady sein, die da steht auf einem
Bein,,,,,, Ulrike will's wissen und Santana hält still, als sei es dass
normalste der Welt, dass Tai-Chi stehend auf dem Rücken des Pferdes gemacht
wird. . Der heutige Rundkurs führt uns auf einer herrlichen Rundtour in
der Gegend, die uns über schmale steile Berggrate führt. Rinder weiden an
Steilhängen im knietiefen Gras, von den Bäumen hängen lange Lianen und
Dornenranken, - ein echtes unberührtes Paradies. Erneut klettern unsere
Tiere wie die Bergziegen, - nie rutscht eines der Pferde oder zeigt
grösseren Unsicherheiten. Am Abend essen wir im kleinen Ort Castiglione di
Sicilia, ein wunderschöner kleiner Ort der soviel weniger touristisch
hochglanzpoliert wie Taormina ist. Wir laden Luciano, unseren
verbleibenden einheimischen Guide zu uns ins Häuschen ein und feiern dort
bis in alle Nacht. Italienischkurs inbegriffen.... wir lernen "Io non
capisce un cazzo" und bringen ihm dafür wertvolle niveauvolle Phrasen wie
z.b. "fucking cold" = "Minchia fredda" bei.
11.2.2011 Distanz: 25 km / Höhenmeter knapp 500
/ Stimmung etwas tiefer, Übernachtung in Castiglione
Il buono Gigante
Einige letzte Galoppaden, dann stehen wir bereits
inmitten grosser erstarrter Lavafelder, von nun an geht's im Schritt, die
Gesteinsbrocken lassen eine andere Gangart nicht mehr zu und es gilt 1250
Höhenmeter zu überwinden. Unterwegs begegnen uns noch ein paar
Motocross-Fahrer, ist schon irre wo die Jungs überall durchgehen. Unser
Vulkanologe bereichert den Ritt mit viel Hintergrundwissen zu Vulkanen im
Allgemeinen und zum Aetna im Speziellen. Nach rund 3.5 Stunden ist es so
weit, wir erreichen das Rifugio Ragabo, den höchsten Punkt, den wir zu
dieser Jahreszeit mit den Pferden erreichen können und müssen diese schon
kurz nach dem Mittag in einen Anhänger verladen, der sie in 3 Stunden
zurückbringen wird. Der Abschied von Ihnen und Luciano fällt schwer, -
zumindest uns. Um uns herum schwirren Busladungen voll Skitouristen und
Motocrossfahrer, irgendwie komisch nach den letzten Wochen, in denen wir so
für uns waren. Ein letztes absolutes Highlight ist dann noch eine
einstündige Wanderung auf einen Ausläufer des Aetnas, - einfach wunderschön,
diese Kombination von Schnee auf Lava ist ein Bild dass uns begleiten wird.
12.2.2011 Distanz 20 km, 3.5 Std. 1250
Höhenmeter, Übernachtung im Rifugio Ragabo
Der Aufbruch
Der Dottore lässt es sich am nächsten Morgen nicht
nehmen uns direkt zum Flughafen zu bringen, - reiten kann er übrigens besser
als Autofahren. Es folgt ein kurzer aber wehmütiger Abschied von ihm und
Sizilien und dann in Mailand ein kurzer aber noch viel wehmütiger Abschied
von Ulrike.
Liebe Ulrike,....du warst so gut zu uns, wie eine
preussische Sau, zu ihrem einzigen Ferkel. Danke für deinen subtilen Humor,
deine Belastbarkeit, deine Textsicherheit und deine Ausgeglichenheit, - dich
sollte es auf Rezept geben.
An unsere italienische Koordinatoren: Vielen Dank für
die tolle Organisation, wir genossen jede Minute und wussten das Engagement
jederzeit zu schätzen.
Vorsicht vor dem Goldfisch germanicus, er erweist sich
als naher Verwandter des Piranha, während der Haifisch vulcanicus, zwar
etwas gewöhnungsbedürftig aber geniessbar ist. (der ist jetzt wirklich nur
für Insider)
Fazit: Sizilien hat alle unseren Erwartungen
übertroffen, die freundlichen Menschen, die gute Küche, fürsorgliche
Betreuung, die abwechslungsreiche Landschaft, wir nehmen soviele Bilder,
Eindrücke und 1 kg mehr Gewicht mit nach Hause. - A presto, cari amici……
Und hier noch einige wichtige Italienische
Brocken (besser nur situationsbedingt zu verwenden):
Tu non Capisci...., il non capisce..
, voi non capite.., noi non capiscono un cazzo
che cazzo voi ?
Synonyme für Idiot: Schecco (Esel), Minchia, Idiota, Cretino, Come Minchia
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